Montag, 11. Juni 2018

Bei uns zu Gast - ein Gastbeitrag

Am 25. Mai, durfte ich Mirjam an unserer Klosterpforte begrüssen. Da sie bis Ende Juni bei uns zu Gast ist, habe ich sie angefragt, ob sie sich vorstellen könnte, sozusagen einen Gastbeitrag auf dem Blog zu schreiben. Es freut mich, dass sie dazu bereit ist zu erzählen wie es ihr in unserer Mitte geht und was sie erlebt. Herzlichen Dank, Mirjam!


Mirjam:

„Stans“ erscheint es auf dem Monitor und mein Herz schlägt etwas schneller. Ich bin sehr aufgeregt, habe keine Ahnung, was mich gleich erwarten wird im Kloster St. Klara. Dann endlich hält der Zug an. Schwer beladen zücke ich mein Smartphone um mein GPS einzuschalten. Und tatsächlich – nach einem kurzen Fussmarsch stehe ich vor einem grossen Gebäude mit einer alten Klingel. Nach kurzem Durchatmen ziehe ich sanft daran. Nichts passiert. Die Aufregung steigt. Ich ziehe fester daran, und kurz darauf öffnet sich die Tür.

Bei einem Tee aus dem Klostergarten und ein paar süssen Gebäcken sitze ich mit Sr. Lea und Sr. Sabine zusammen in einem grossen Raum. Dem Anschein nach ist es der Speisesaal. Es ist etwas dunkel darin und irgendwie komme ich mir gerade etwas klein und verloren vor und traue mich zuerst fast nicht, von den feinen Gebäcken zu kosten. Etwas ahnungslos frage ich während des Plauderns mit den beiden Schwestern nach dem Tagesablauf hier im Kloster. Sr. Lea stellt ihn mir vor. Darunter 5 Gebetszeiten jeden Werktag.

Erwartungsvoll steige ich die knarrenden Holztreppen empor und die ebenso laut knarrenden Gänge entlang. Im zweiten Stock angelangt darf ich zwischen zwei Zimmern wählen. Das eine ist etwas grösser mit Blick in den Innenhof, das zweite ist etwas kleiner mit Blick auf die Stanser Hügel und in den grossen Klostergarten. Ich nehme das zweite Zimmer und bekomme von Sr. Sabine sogar noch eine Namenstafel an die Zimmertür geklebt mit meinem Namen und einem Schmetterling. Dass mich das Symbol des Schmetterlings schon seit längerem begleitet auf meinem Glaubensweg, erzähle ich ihr nicht. Nicht jetzt. Vielleicht später einmal wenn ich sie etwas besser kenne. Ich sehe mich in meinem Zimmer um. Es hat ein Bett, eine Art Nachttische, ein Pult, einen Schrank und zwei Stühle – und ein Lavabo mit Spiegel. Nach allem was ich bis jetzt über das Kloster gehört habe, ist mein Zimmer dagegen geradezu luxuriös eingerichtet. Es gleicht weder einer Gefängniszelle noch einer alten Besenkammer. Im Gegenteil: es lässt sich gut darin wohnen.

Es ist 17:15 Uhr, die Vesper beginnt gleich. Etwas unruhig sitze ich auf meinem Platz. Gleich geht es los, denke ich, und schaue mich in der Klosterkapelle um. Vorne ein grosses Kreuz mit einem Corpus daran. Unten sechs goldene Kerzenständer mit langen weissen Kerzen. Wir beten und singen Psalmen, wir knien, wir stehen, wir sitzen und wir suchen alle nach Gott. Ob er unser Suchen sieht?, frage ich mich und währenddessen erklingen auch schon die nächsten Töne aus der Orgel. Kann ich mir so ein Leben vorstellen? Ich sehe all diese Schwestern mit der bekennenden Klosterbekleidung und der langen Kopfbedeckung. Alle haben sie ein Versprechen abgelegt, hier zu bleiben und hier zu leben. Ich für mich weiss es nicht. Noch nicht. Doch ich werde es herausfinden.
Es gibt Abendessen im Kloster St. Klara. An meinem Platz steht ein Willkommens-Schild mit meinem Namen darauf. Sr. Sabine stellt mich den Schwestern noch persönlich vor. Ich bin hier willkommen – das merke ich sofort.



Das ist jetzt schon eine ganze Weile her. In dieser Zeit habe ich viel erlebt und kennengelernt über das Klosterleben.
Der Tag beginnt um 7:00 Uhr mit der Laudes. Ungern und noch etwas verschlafen trenne ich mich jeweils von meiner warmen und kuscheligen Decke, und mache mich bereit für den Tag. Manchmal bin ich ganz froh, wenn ich in der Laudes einfach still da sein und den Gesängen lauschen darf. Anschliessend gibt es Frühstück. Noch etwas ungewohnt war am Anfang für mich, dass währenddessen geschwiegen wird. Doch habe ich mich schnell daran gewöhnt. Und wenn ich ganz ehrlich bin, bin ich froh, dass ich am Morgen früh nicht schon viel sagen muss. Während ich den letzten Schluck meiner Ovo austrinke, freue ich mich darauf, mich nach dem Frühstück noch einmal etwas hinlegen zu können bis der Morgen in der Küche für mich beginnt.
Pünktlich um 9:00 Uhr stehe ich mit meinem blau-weiss gestreiften Schürzchen in der Küche. Ich wasche das Geschirr vom Frühstück ab und beginne mit den Vorbereitungen für das Mittagessen. Dazu gehört fast immer das Waschen des Salates aus dem Klostergarten und der rot leuchtenden Erdbeeren. Welch ein Luxus, jeden Tag frische Erdbeeren servieren zu dürfen… Gemeinsam mit Schwester Franziska bereite ich ein leckeres Mittagessen vor. Heute gibt es gefüllte Eier mit einer selbstgemachten Maionnaise. Mit grossen Augen frage ich Schwester Franziska wie man denn selber Maionnaise herstellen kann, während ich zwei rohe Eier aufschlage um das Eigelb vom Eiweiss zu trennen. Ich sehe ihr gespannt dabei zu während ich die dicken und bereits geschälten Eier halbiere und das Eigelb herausnehme. Als die Maionnaise fertig ist, nehme ich einen Spritzsack hervor und wir füllen die gelbe, schimmernde Masse in die gekochten Eiweisse und den Resten der Masse füllen wir in zwei Gefässe. Sie sind als Sauce zu den Kartoffeln gedacht - und schmeckt ausgezeichnet.
Ich habe hier im Kloster auch gelernt, wie man Herz-Jesu-Krapfen bäckt. Eines Nachmittags habe ich mit Schwester Franziska zusammen vier Bleche solcher Kunstwerke angefertigt. Sie sind sehr aufwändig und extrem schön zum Anschauen – und natürlich lecker zum Essen. Mit dem wundschönen Herz-Jesu-Aufdruck sieht man diesen Kräpfchen an, dass es sich dabei um eine Klosterspezialität handeln muss. Als wir sie gestern gebacken hatten, durfte ich mir ein paar davon aussuchen und auf mein Zimmer nehmen. Gut verpackt in eine Box warten sie geduldig auf den Besuch meiner Eltern und meines Bruders.

An einem anderen Nachmittag haben wir gemeinsam Änis-Kekse gebacken. Auch hier haben wir wieder Muster in die Kekse gestanst. Jedoch sind die Änis-Kekse im Gegensatz zu den Krapfen nicht mit einer Nussfüllung versehen. Unter den vielen kleinen Änis-Keksen sind auch ein paar grosse dabei – schöne grosse Änisherze, welche ich an meine Liebsten verschenken werde.

Der Nachmittag wird dann wieder mit einem Gebet geschlossen, mit der Vesper. Diese findet jeweils vor dem Abendessen statt. Und nach dem Abendessen treffen wir uns jeweils in der Kapelle fürs letzte Gebet am Tag, dem Komplet.

Hier im Kloster St. Klara habe ich nicht nur viele kulinarische Dinge erlebt und gelernt, ich habe auch als Mensch viel dazugelernt. Momentan befinde ich mich in einem Zwischenjahr zwischen Matura und Studium. Es war schon immer ein Wunsch von mir, einmal in einem Kloster eine gewisse Zeit lang mitleben zu können und den Klosteralltag kennenzulernen. Diese Gelegenheit habe ich nun bekommen. Anfangs hatte ich etwas Mühe mit den vielen Gebetszeiten. Noch nie habe ich so viel gebetet wie hier im Kloster. Und am Anfang fand ich es ganz schön viel, fünfmal am Tag zu beten. Doch habe ich mich schnell daran gewöhnt. Und inzwischen kann ich das Gebet sogar geniessen. Auch die Atmosphäre hier im Kloster finde ich sehr schön und harmonisch. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und empfangen. Und es ist ein wunderbarer Ort, um zur Ruhe zu kommen und über das Leben nachzudenken. Ich fühle mich hier wohl und werde sicher auch noch bis Ende Juni da bleiben. Dann sehe ich weiter.

Mirjam Lütolf


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